Samstag, 10. März 2007

Requiem für Detlef


Requiem für Detlef

- Detlef, mein Söhnchen. Ich bring dich auf die grüne Wiese, in die frische Luft, in die warme Sonne. Ich stelle dich im Wägelchen hinter die Scheune. Gut eingepackt wirst du dann das Murmeln des Klippbachs hören, und schlafen und träumen.
War ich froh, dass du endlich auf der Welt warst. Das Toben und Schlagen deines ewig betrunkenen Vaters hätte ich nicht mehr lange ausgehalten; das stumpfe, ausdruckslose Quengeln deiner kleinen, blöden Schwester hat mir fast das Herz gebrochen.
Aber nun bist du ja da. Als ich zum ersten Mal in deine wasserblauen, gescheiten, klaren Augen sah wusste ich, dass du mein Erlöser sein wirst.
Schau mal, wie schön der Löwenzahn leuchtet, höre, wie die Bienen summen. Wie heiß scheint die Sonne, und wie wohlgefüllt von der letzten Schneeschmelze schäumt der Bach dahin, sich beeilt, so schnell wie nur möglich mit dem Flandersbach zu vereinigen.
- Detlef, sobald die Gelegenheit kommt, werden wir von deinem furchtbaren Vater gehen. Vielleicht nehmen wir deine arme Schwester mit, und wir gehen dann nach Holland. Dann soll ein anderes, neues Leben für uns beginnen; du sollst nicht die Schläge deines ewig betrunkenen Vaters empfangen.
Ja, es war mein Fehler, mich mit ihm einzulassen. Aber ich wusste ja nicht, dass etwas in seinem Kopf zersprungen war. Unheilbar, unrettbar, und sein Samen hat deine Schwester verdorben.
Aber mit dir, Detlef, habe ich Glück gehabt, ich hab es in deinen Äuglein gesehen. Und wenn du dann groß bist, ein studierter Mann, werde ich dir alles, alles erzählen, was ich hier erlitten habe.
So, Detlef, so, ich zieh dir noch dein Wollmützchen zurecht, stecke das Kissen ganz fest, damit nur kein falscher Zug an dich herankommt, denn du sollst gesund bleiben.
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1
- Ein junger Mann sitzt mit nacktem Oberkörper am Fenster, und lässt sich die heiße Frühlingssonne auf den Pelz brennen. Etwas müde von der anstrengenden Frühschicht döst er schmallidrig in den Hof hinunter. Die Hühner suchen sich zum Kratzen die schattogen Stellen auf dem Misthaufen aus. Harras, der Hofhund, hält seinen Mittagsschlaf lieber in der Hütte. Sein schlappohriger Kopf ragt, auf den gekreuzten Vorderpfoten liegend, halb aus dem Häuschen hervor. Aus dem Stall meckert zaghaft das neugeborene Kälbchen. Von unten leises Geschirrgeklapper: Frau Schmiedrath macht den täglichen Abwasch.
Die große Stille wird untermalt vom leisen Plätschern des Klippbachs hinter der Scheune, und dem Bienengesumm aus dem halbverblühten Birnbaum. Von irgend wo her tönt das verspätete Hochzeitslied einer Amsel. Über dem Scheunendach flirrt Sonnenglast.
Der junge Mann denkt an heute Abend, wenn er in die Stadt fährt, und Abbie treffen wird. Zufrieden räkelt er sich, und verschränkt die Hände hinter dem Kopf.
Und in die Stille, fast unmerklich, dringt ein neuer, verzögert ins Bewusstsein sickernder Ton, ein Ton, der gar nicht in diesen nachmittäglichen Frieden passt: Es ist das Jammern und Schreien von einem erwachsenen Menschen, was den jungen Mann jähe aus seiner Beschaulichkeit herausreißt.
Er rennt los, mit nacktem Oberkörper. Die Lederhose, gehalten von einem kräftigen Brustlatz-Träger, schlägt im Takt seiner schnellen Schritte um seine Oberschenkel. Das Schreien und Jammern zieht ihn hinter die Scheune, wo sich eine Frau vor einem Kinderwagen im grünen Gras wälzt, und immer wieder "Mein Detlef! Mein Detlef!" schreit. Der Mann hastet heran, schaut in den Kinderwagen, sieht das bläulich-weiße Kindergesicht mit weit aufgerissenen starren Augen, und den großen Schaumfetzen vor dem kleinen Mund. Er wusste sofort: Dies ist die Stunde der Wahrheit; die Stunde des Todes. -

Er achtete nicht auf die jammernde Frau am Boden, die, ihre, zwar kleine Schuld erkennend - für die sie aber nie von einem irdischen Richter zur Rechenschaft gezogen wird, weil ihre Strafe viel schlimmer ist - , rennt los zu einer Wirtschaft
damit ein Arzt aus der Stadt heran telefoniert werde.
Während dem stand unter den betroffen schweigenden Gästen ein blöde grinsender, aufgedunsener Mann vor dem Tresen, der aber auch garnichts geschnallt hatte, und lallte: "Noch' n Bier, noch' n Gemischten".

Das Kind Detlef ist noch nicht einmal sechs Wochen alt geworden. -

Diese Kurzgeschichte ist in dem Band "Die Reseolre-Legende", beim b.j.-Verlag Bernd Jacobs, Mettmann, ISBN 3-934806-00-7 erschienen.

DIESTEINZEIT-ung

DIESTEINZEIT-ung berichtet nun über den "Klimagipfel" in Brüssel. Die bundeskanzlerin frau Merkel scheint als ratspräsidentin einen sieg errungen zu haben. Und zwar die staaten der EU im hinblick auf den internationalen klimaschutz unter einen hut zu bringen.
Hoffentlich gerät dieser riesen-sombreo aber nicht ins hopsen, wenn die einzelnen parlamente der EU-mitglieder sich zuhause fetzen, um diese beschlossenen änderungen zu ratifizieren. Es ist zu fürchten, dass dieser hut "hoch" geht, denn das strahlend blaue glimmen der sonderrechte Frankreichs für die erzeugung von atomenergie birgt sprengkraft unbekannten ausmaßes.
Oder aber der konsens wird, wie so oft schon, auf kosten des deutschen steuerzahlers erzwungen. Soll heißen: Die Deutschen subventionieren mit hilfe von steuermilliarden die einheimische industrie, damit die umweltschonende techniken einsetzt, und die anderen püffen unverdrossen ihren dreck in die gemeinschaftliche atmosphäre.
Besser wäre gewesen, frau Merkel würde sich mit a l l e r kraft auf die frage der europäischen v e r f a s s u n g kaprizieren, damit diese in der EU gesetzeskraft erlangt. Dann wäre es viel leichter, per ordre de mufti, sprich: Demokratische mehrheiten bei abstimmungen, gesetze, auch klimaschutzgesetze, durch zu bringen. Wir werden die folgen des Phyrrus-Siegs Merkels noch spüren . . .