Gesundheit!
Akupunktür. . .
DIE
STEINZEIT-ung® schildert die geschichte
eines nicht mehr ganz jungen mannes, der sich wegen eines akuten
gesundheitlichen problems – fast notfallmäßig – einen
orthopäden aufsuchen musste. Was war passiert?
In
der nacht davor bekam der mann aus dem schlaf heraus einen
oberschenkelkrampf, was allerdings in diesem alter nicht so
ungewöhnlich ist. Nur die schmerzhaftigkeit überraschte ihn
diesesmal. Er erhob sich und ertastete in der kniekehle die fast
kleinfingerdicke sehne, die an der unterseite des rechten beins links
zum kniegelenk verläuft. Die sehne war fast so straff gespannt wie
ein einsprechend dickes stahlseil, und dieses stahlseil hätte gewiss
in der realität wie eine klaviersaite gebrummt. Nach einer zeit
schlief der mann wieder ein, und wachte am morgen ohne beschwerden
dieserseits auf.
Gegen
zehn uhr bekam er jedoch in dem betroffenen knie heftige schmerzen,
die sich rasch steigerten, und das gehen fast unmöglich machten. Am
kniegelenk war keine schwellung oder rötung zu erkennen. Auch die
überkreuz-messung mit einem guten hautkontakt-thermometer zum a n d
e r e n, gesunden kniegelenk ergab keine erhöhung der
gelenktemperatur.
Am
nachmittag wurden die schmerzen so heftig, dass er mit seinem auto zu
seinem hausarzt fuhr, o b w o h l dieser arzt nur etwa h u n d e r
t meter weiter um die hausecke seine praxis hat. Der arzt sagte
etwas von „Schleimbeutel-Entzündung“ und überwies seinen
patienten an einen facharzt. Der patient machte sich sofort auf die
suche nach einem orthopäden. Der erste versuch, noch relativ nahe an
seiner wohnung scheiterte, weil dieser arzt gerade in urlaub war.
Trotz
des äußerst ungünstigen zeitpunkts – es war am späten
nachmittag, mitten im feierabendverkehr –, fuhr der mann zum
nächsten arzt. Mit mehr ach als krach fand er einen parkplatz in
nähe der arztpraxis. Und als er mit den zwei krücken in die weit
offenstehende praxistür hineinhumpelte, spürte er fast körperlich
die ablehnung des praxispersonals und der übrigen wartenden
patienten: Oh gott! Da kommt ja einer, der hat ersichtlich richtige
schmerzen! Und das auch noch kurz vor der praxisschließung. -. . .
Die
kaum versteckte f e i n d s e l i g k e i t spürte er in der frage
der angestellten, ob er denn einen „Termin“ habe, trotzdem jeder
nicht medizinisch ausgebildete mensch ebenfalls erkennen musste, dass
hier wohl ein notfall vorliege.
„Nein“,
hatte er nicht, so der mann. Er sei als „akuter Fall“ von seinem
hausarzt an einen orthopäden überwiesen worden, was ja durch die
vorlage des überweisungsscheins dokumentiert sei.
Nach
einer wartezeit – nachdem die arzthelferin eine röntgenaufnahme
des kniegelenks gemacht hatte – rief der arzt ihn zur untersuchung.
Der
mann schilderte kurz, was in der vergangenen nacht und danach
passiert war. Der arzt erläuterte, dass er anhand der
röntgenaufnahme keine schäden erkennen könne, die weichteile
würden bei dieser art aufnahme sowieso nicht deutlich dargestellt.
Der arzt setzte dem mann zwei spritzen, eine direkt ins kniegelenk,
eine andere in den hintern – wahrscheinlich eine schmerzspritze –
und sagt „Morgen wiederkommen“, dann wolle er eine
knochendichte-messung machen, dies sei allerdings eine IGEL-leistung,
und der patient solle morgen bitte vierzig Euro mitbringen. Der mann
knirschte mit den zähnen – und das nicht nur wegen der schmerzen –
und sagte zu, das geld morgen mitzubringen, nachdem der arzt ihm
empfohlen hatte, das gelenk mit eis zu kühlen.
Am
anderen morgen, die schmerzen im knie hatten sich wenig gebessert,
gab ihm der arzt nochmal eine spritze ins kniegelenk. Die
schmerzspritze verweigerte der mann, weil er sich vorher intensiv
gedanken über das aushalten von schmerzen, und über die gefahren
des überschreitens einer zu n i e d r i g e r e n schmerzschwelle
gemacht hatte. Der arzt akzeptierte dies.
Die
knochendichte-messung ergab werte, die – altersgemäß – hundert
prozent im „grünen Bereich“ waren. N i c h t im grünen bereich
war die anschließende dokumentation der strahlenbelastung auf dem
sogenannten „Röntgenpass“, die er von der röntgenassistentin
dortselbst eingetragen haben wollte. Zwar wurde die röntgenaufnahme
des kniegelenks von g e s t e r n eingetragen, aber die
knochendichte-messung von h e u t e wurde von der frau in den
strahlenpass n i c h t eingetragen, weil dies ja k e i n e
röntgenstrahlen gewesen seien! Dabei hatte der mann an dem gerät
für die dichtemessung sehr deutlich das warnzeichen vor i o n i s i
e r e n d e r strahlung (nicht „Laser“!) erkannt. Hm. . .
Nachdem
der patient dem arzt erklärt hatte, dass er nun echte probleme mit
dem gehen habe, weil sein l i n k e s bein durch eine
Peronäus-lähmung vorgeschädigt sei, redete der arzt nun
seinerseits von operation, künstliches kniegelenk, oder doch nicht,
oder „die Ärzte“ machten das knie „nur mal“ auf, und würden
es „säubern“ und so weiter. Der patient fragte, schwer
beeindruckt, ob dies denn zu diesem zeitpunkt schon akut sei, worauf
der medizinmann antwortete, dass er dem patienten zunächst einmal
zehn akupunkturbehandlungen geben wolle. Auf die frage, ob dies denn
a u c h IGEL-leistungen seien, verneinte dies der arzt.
Am
morgen des ersten behandlungstages saß der patient in der ihm
zugewiesenen kabine und wartete der kommenden dinge. Diese dinge
kamen in form des arztes, der den wartenden patienten anherrschte,
wie er – der arzt – denn die „Nadeln setzen“ soll, wenn der
patient nicht das h e m d ausgezogen habe!- Sprach' s, eilte zur
nächsten kabine, zum nächsten patienten, und ließ den mann im
völligen unverständnis zurück. Hemd, wieso hemd, wenn man die
medizinische behandlung an einem k n i e zu erwarten hatte? Dann
kam der arzt wieder zurück, und pikste kleine nadeln in die stirn,
ohrläppchen, und in den inzwischen entblößten nacken, und je zwei
nadeln auf der oberseite der unterarme. Nach zehn minuten kam eine
helferin, und entfernte die kleinen, mit einem blauen plastikköpfchen
versehenen nädelchen in ein gefäß, was von dem patienten richtig
als entsorgungsbehälter identifiziert wurde.
Der
inzwischen wieder vollständig angekleidete mann ging aufreizend
langsam, immer augenkontakt suchend am empfangstresen vorbei, hinter
dem in schnellem wechsel drei angestellte und manchmal der arzt
herumwuselten. Er wartete auf irgend etwas, vielleicht „Hallo!“
oder „Noch was?“, oder ähnlichem. Es kam nichts dergleichen,
deswegen ging er zur tür, und ließ ein deutliches „Auf
Wiedersehen“ verlauten, was sehr schwach aber hörbar erwidert
wurde.
Während
einer der nächstfolgenden sitzungen, die immer in gleicher weise
stattfanden sagte der arzt, als er die nadeln – auch im n a c k e n
! – gesetzt hatte: „Nun können Sie sich auf den Rücken legen.“
Auf die vorhaltungen des mannes, er habe ja zwei nadeln im g e n i c
k sitzen, wie d a s denn gehen sollte, sagte der akupunkteur: „Na,
dann bleiben sie eben sitzen.“
Während
der weiteren sitzung grübelte der patient verzweifelt darüber, wie
man eine knieverletzung durch akupunktur – und das auch noch am
oberkörper praktiziert – heilen könne. Allerdings merkte er auch,
dass die z e i t im sprichwörtlichen sinne heilt, denn die
kniebeschwerden lassen nach. Die linderung, das ahnt der patient,
wird der arzt natürlich auf seine akupunkturkünste zurückführen.
Die diskussionen, dass sechzig prozent der heilungen wohl
spontanheilungen sind, also von n a t u r her erfolgen, sind eher
zwecklos, ganz besonders mit einem mediziner.
Nie
hat der arzt während der immerhin dreiwöchigen behandlung neben dem
lakonischen „Morgen!“ etwas anderes verlauten lassen, auch nicht
ein „Na, wie geht’s?“, erst recht nicht die dezidierte frage
nach dem stand eines eventuellen fortschritts der heilung kam über
seine lippen. Die arzthelferin empfand das schweigen, welches aus der
kabine des mannes bei der behandlung durch den arzt fast brüllend
herausquoll als störend, und sie freute sich über die witzigen,
launigen erwiderungen des patienten, wenn sie bei der nachbehandlung
ein paar worte an ihn richtete. Anscheinend reichte dem arzt als
indiz, dass der patient gegen ende der behandlung nicht mehr mit
krücken angehumpelt kam.
Als
der letzte tag der behandlung heranrückte, machte sich der mann
gedanken, ob und wie es weitergehen soll. Da ihm n i c h t daran
gelegen war, unter allen umständen diese art von therapie
weiterzuführen, und dass er das gefühl hat, in dieser praxis nicht
an der richtigen stelle gelandet zu sein beschloss er, das schicksal,
die „Vorsehung“ solle die entscheidung treffen. Außerdem fühlte
er sich in dieser praxis mit mannigfachen diplomen für Sportmedizin,
Akupunktur, AXD-Methoden, DOCE-Behandlungen,
Magnetresonanz-Verfahren, Chirotherapie an den praxiswänden
unbehaglich. Deswegen beschloss er, beim letztenmal wie zu anfang
ganz langsam am tresen vorbeizugehen, und bei der ansprache, etwa:
„Sie müssen aber noch mit dem Doktor sprechen.“, oder sowas
ähnlichem entsprechend zu reagieren.
Diese
ansprache erfolgte n i c h t , und so schritt der patient nach
einem kräftigen, eigentlich gelogenem „Auf Wiedersehen“ und nach
der erwiderung darauf ganz schnell durch die geöffnete praxistür
nach draußen, in seine eigene, selbstgewählte freiheit , bevor eine
der praxishilfen reagieren konnte.
Etwas
ist allerdings dem patienten in diesen tagen aufgefallen,
insbesondere angesichts der praxis dieses akupunktierenden,
magnetisierenden sport(arzt)orthopäden: Den sorgfältig in einem
wertvollen rahmen eingefassten „Eid des Hippokrates“, eine zierde
jeglicher arztpraxis seiner jugend, aufgehängt an einem markanten
punkt, hat er in keiner praxis – wie auch hier nicht mehr –
wiedergefunden. . .